1. Kulturmuster der Aufklärung
Die Aufklärungsforschung der letzten Jahrzehnte verhält sich kritisch oder emphatisch zu ihrem Gegenstand. Das Projekt „Kulturmuster der Aufklärung“ möchte Einseitigkeiten überwinden und die Frage nach dem Erbe der Aufklärung, die Frage nach ihrer Bedeutung für die Gegenwart neu stellen. Es stellt keine Entscheidungen für oder gegen Prinzipien der Aufklärung zur Debatte, sondern rekonstruiert ihre langfristigen ideellen und praktischen Wirkungen.
Um diese Wirkungen konzeptuell und praktisch zu erfassen, ist das Heuristikum „Kulturmuster“ entwickelt worden. Es nimmt Kopplungsstrukturen an der Schnittstelle von sozialer und symbolischer Ordnung in ganz verschiedenen Handlungsfeldern in den Blick. Gefragt wird nach Deutungsschemata, mit deren Hilfe die Welt erschlossen, strukturiert und interpretiert wird, und zugleich nach der individuellen und gesellschaftlichen Praxis, die sich mit ihnen verbindet.
Die Herausbildung, Stabilisierung und Transformation von Kulturmustern wird in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen erforscht. Ihr gemeinsamer Ermöglichungsgrund ist das Aufbrechen der traditionalen Ordnungen des Wissens, des Handelns und des Glaubens in der Aufklärung und die daraus entstehende offene Situation. Mit ihrer Spannung zwischen erweiterten Freiheitsspielräumen und dem gleichzeitig vorhandenen Orientierungsbedarf wird das 18. Jahrhundert zur wirkungsmächtigen Epoche der Kulturmusterprägung. Dabei umfasst der Makroepochenbegriff 'Aufklärung' die unmittelbar auf diese reagierenden Strömungen. Gesamteuropäisch gesprochen: Revolution und Romantik, in den traditionellen Begriffen der deutschen Literatur- und Geistesgeschichte: Klassik, Romantik und Idealismus.
Kulturmuster der Aufklärung zu erforschen heißt, kulturelle Fundamente unserer Gegenwart freizulegen. Dies geschieht in Projekten mit verschiedener Reichweite und unterschiedlich weit ausgreifendem Geltungsanspruch. Das Kulturmuster-Konzept zielt auf eine interdisziplinär vernetzende Heuristik der kulturwissenschaftlichen Forschung. Methodisch möchte es textwissenschaftlich-interpretative mit kultur- und kommunikationswissenschaftlichen, handlungstheoretischen und sozialgeschichtlichen Forschungsansätzen verbinden. Damit macht es einen auch in andere Forschungsbereiche übertragbaren Lösungsvorschlag für das vieldiskutierte Verknüpfungsproblem zwischen Texten und Sozialem – ein Problem, vor dem die Geistes- und Sozialwissenschaften verstärkt stehen, seitdem sie sich um ihre ‚kulturwissenschaftliche’ Integration bemühen.
Projekte
Natural Law as an academic Subject
Gesamtprojekt: Natural Law 1625-1680. An International Research Project
Leitung: Dr. Frank Grunert (Halle), Prof. Dr. Knud Haakonssen (Kopenhagen), Prof. Dr. Louis Pahlow (Frankfurt a. M.)
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Format: Drei "eigene Stellen" (Start: 2. Hälfte 2022)
Mitarbeiter in Halle: Dr. Martin Kühnel und Dr. Mads Langballe-Jensen
Mitarbeiter in Erfurt: Dr. Mikkel Muthe Jensen