Vortragsreihe im Sommersemester 2021
Ökonomie und Aufklärung
Organisation: Prof. Dr. Andreas Pečar / Dr. Andrea Thiele
Lassen sich mit der Aufklärung im 18. Jahrhundert neue Vorstellungen und Praktiken des Wirtschaftens verbinden? Welche aufgeklärten Vorstellungen vom richtigen Wirtschaften hatten im 18. Jahrhundert Konjunktur, inwiefern knüpften diese an ältere Konzepte an und wie fanden sie Umsetzung? Diese Leitfrage steht in der Vortragsreihe des Sommersemesters 2021 zum Thema Ökonomie und Aufklärung im Mittelpunkt. Dabei wollen wir uns diesem Thema von drei unterschiedlichen Perspektiven aus nähern:
1. Welche Aussagen zur Ökonomie werden von den Zeitgenossen selbst, den Autoren und / oder den Rezipienten, explizit mit "Aufklärung" in Verbindung gebracht, und warum? Welche konkurrierenden "aufgeklärten" Normensysteme zur Beschreibung ökonomischer Sachverhalte oder Verhaltensrichtlinien hatten Konjunktur, und inwiefern sind sie Teil ganzheitlicher Welterklärungsprogramme? Hierbei geht es um grundsätzliche Vorstellungen über die Normativität von Natur und Naturgesetzen, von Vorstellungen über den Zivilisationsprozess und Annahmen über eine Fortschrittsgeschichte der Menschheit u.ä. Es wird ferner zu fragen sein, wer sich aufgrund welcher Expertise und in welcher Sprecherrolle an Debatten über Fragen der Ökonomie beteiligte, und inwiefern diese "aufgeklärten" Deutungsmuster zu wirtschaftlichem Verhalten auf die Reform und die Umgestaltung bestehender Rahmenbedingungen oder Einstellungen zielten.
2. Ein zu thematisierender Aspekt ist die Frage der Ausdifferenzierung von Ökonomie und ökonomischem Verhalten gegenüber anderen zeitgenössischen Verhaltenslogiken. Wird zur Beschreibung ökonomischer Praktiken nach spezifischen Gesetzmäßigkeiten gesucht, indem man für das Feld der Ökonomie eine eigene Rationalität reklamiert, im Unterschied zu anderen Feldern sozialer Interaktion? Oder gilt die Ökonomie als Gegenstandsbereich einer allgemeinen Tugendlehre, als Bestandteil der Moralphilosophie? Damit geht zugleich auch die Frage einher, ob man die Ökonomie als empirischen Gegenstand beobachtet und beschreibt oder aber Normen für das ökonomische Verhalten proklamiert, die nicht von der Beobachtung wirtschaftlichen Verhaltens abgeleitet werden, sondern sich aus anderen Quellen speisen.
3. In den Beiträgen der Vortragsreihe wird auch das Verhältnis von Theorie und Praxis zur Sprache kommen. Wird die Ökonomie als eine Wissensdisziplin aufgefasst, die z.B. auch an den Universitäten gelehrt werden sollte? Oder gilt die Lehre vom richtigen Wirtschaften als Erfahrungswissen, das vor allem in der Praxis generiert wird? Welche Personen können aufgrund welcher Qualifikationen oder Erfahrungen für sich Expertise und Kompetenz in Anspruch nehmen? Werden theoretische Aussagen aus praktischen Erfahrungen gewonnen oder aber aus theoretischen Maximen praktische Folgerungen und Reformprogramme abgeleitet?
Themen und ReferentInnen:
26. April 2021
Experten - auf dem Acker? Die Debatte um Agrarreformen und agrarisches Wissen in der Kurpfalz
apl. Prof. Dr. Regina Dauser (Universität Augsburg)
11. Mai 2021
Musterökonomie in Wörlitz? Die landwirtschaftlichen Reformen des Fürsten Franz von
Anhalt-Dessau
Dr. Paul Beckus (MLU Halle-Wittenberg)
25. Mai 2021
Großbritannien und der Welthandel im 18. Jahrhundert. Die Lehre vom Handel als Grundlage des Wohlstands der Menschheit
Prof. Dr. Philipp Roessner (University of Manchester)
22. Juni 2021
The Economistes and the Reinvention of French Colonial Empire, ca. 1750-1800
Pernille Røge PhD., Assoc. Prof. (University of Pittsburgh)
Alle Vorträge beginnen 18:15 Uhr und finden per Videoübertragung statt.
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