Wer ist das Volk? Populistische Bewegungen und ihre Kritik an den Eliten
Vortrag
Prof. Dr. Barbara Zehnpfennig (Universität Passau)
02. Mai 2018, 18:15 Uhr
Stadtmuseum, Wolff-Haus
Vortragsreihe des IZEA im SoSe 2018
Volks-Aufklärung. Zwischen Partizipation und Populismus
Das Volk sind alle, und es ist der Souverän. Sich als Volk zu begreifen ist trotzdem nicht selbstverständlich; die Identifikationsmarker werden schnell strittig. ‚Von unten‘ kommt dies häufig einer Selbstermächtigung gleich („Wir sind das Volk!“), manchmal der Selbstüberschätzung Einiger mit Ein- und Ausschlüssen von Anderen, ‚von oben‘ einer Relativierung der gewohnten Führungsrolle der sozialen oder intellektuellen Eliten. Nicht selten erregen das Volk und die Rede davon deshalb Misstrauen. Frontstellungen wie ‚Volk vs. Eliten‘ können partizipatorisch sein, aber auch populistisch.
In jüngster Zeit sind das Volk und die Berufung darauf wieder einmal zum Träger sowohl von Hoffnungen als auch von Gefahrendiagnosen in Gesellschaft und Politik geworden. Im gleichen Atemzuge sieht mancher ‚die Aufklärung‘ in Gefahr. Wenig hingegen wird darüber nachgedacht, wie Aufklärung und Volk zueinander stehen. Für die Hochphase der historischen Aufklärungsbewegung im späten 18. Jahrhundert ist die sogenannte Volksaufklärung charakteristisch, die breitere Schichten durch Bildung zu einer selbstverantwortlichen Lebensführung zu befähigen suchte. Während es sich hierbei um ein von den Eliten ausgehendes Projekt handelte, gehörten zur Aufklä- rung aber auch Rechtsansprüche, die von einfachen Menschen artikuliert wurden.
Die Frage, wie sich das Programm der Aufklärung – der Ausgang aus der Unmündigkeit – realisieren lässt ohne den Widerspruch, dass sich zum Vormund aufschwingt, wer Aufklärung betreiben will, wurde bereits in der Zeit der historischen Aufklärung diskutiert und ist nach wie vor aktuell. Im Zuge der aktuellen Elitenkritik ist sie erneut ins gesellschaftliche Bewusstsein getreten. Auf die Aufklärung – als Verabschiedung der Vormünder – berufen sich nun verstärkt auch jene, die sich den selbsterklärten Parteigängern der Aufklärung entgegenstellen. In dieser höchst unübersichtlichen Situation tut eine Klärung der Begriffe ebenso wie eine nüchterne Bestandsaufnahme der ‚Volks-Aufklärung‘ not, bezogen auf das 18. Jahrhundert als Ursprungsepoche dieser Konstellation ebenso wie auf unsere Gegenwart, die uns deren Brisanz beunruhigend vor Augen führt.
Konzeption und Organisation der Reihe: Prof. Dr. Jörg Dierken und Prof. Dr. Daniel Fulda
Plakat
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