Tagung: The Enlightenment at Court and Anti-Court Polemics in the Enlightenment – Die Aufklärung am Hof und Hofkritik in der Aufklärung
Tagung
Höfische Aufklärung: Aufklärer am Hof, Hofkritik in der Aufklärung
Internationale Tagung in Halle(Saale), 12.-14. Oktober 2017 / Konferenzsprache: Englisch
Kurzbeschreibung:
Die Aufklärungsforschung ist in Bewegung. Scheinbar festgefügte Dichotomien ("Aufklärung vs. Religion") geraten ins Wanken, lange dominierende Ansätze ("Aufgeklärter Absolutismus", "Bürgertum", "bürgerliche Öffentlichkeit") verblassen, und aktuelle ideengeschichtlich und kulturhistorisch orientierte Forschungen zeigen die Aufklärung in komplexeren intellektuellen, sozialen und kommunikativen Zusammenhängen als zuvor.
Ausgangspunkt der geplanten Tagung ist ein vermeintliches Paradox: Zum einen sind der Hof und die höfische Gesellschaft in zahlreichen Schriften aufgeklärter Autoren Gegenstand negativer diskursiver Zuschreibungen: Der Hof wird hier als Ort der Despotie, der Heuchelei, der Oberflächlichkeit, der Intrige, der (häufig in Gender- und Nationalstereotypen formulierten) Verweiblichung, des Luxus, der Korruption, der Habgier, des persönlichen Ehrgeizes, des Sittenverfalls, der Unzucht etc. dargestellt, und Höflinge erscheinen etwa als effeminierte und hedonistische Schmeichler, die nur um ihre eigene Stellung, nicht aber um das Gemeinwohl besorgt sind.
Der Hof dient in diesen Schriften als negatives Gegenbild zum Tugendkanon des klassischen Republikanismus, der sich auszeichnet durch Sittenstrenge, Pflichtbewusstsein, Bescheidenheit, Natürlichkeit und Opferbereitschaft für das Gemeinwesen. Diese Dichotomien haben alle ältere Wurzeln und speisen sich aus antiken Texten wie reformatorischen Diskursen, sind aber im politischen Diskurs im 18. Jahrhundert geradezu allgegenwärtig.
Zum anderen lässt sich aber feststellen, dass viele Autoren, die sich antihöfischer Stereotypen und Invektiven bedienten, ihrerseits oftmals eingebunden waren in Netzwerke, Patronage- und Klientelverhältnisse, die sie mit der politisch-sozialen Welt des Hofes oder zumindest mit einzelnen Hofmitgliedern verbanden. In ihren Sozialbeziehungen standen zahlreiche Autoren, die sich als "Aufklärer" inszenierten, den europäischen Fürstenhöfen durchaus nah und waren häufig Teil der sozialen Figuration des Hofes. Selbst Fürsten wie Friedrich II. von Preußen haben sich in ihrer Selbstdarstellung antihöfischer Topoi bedient, obwohl sie einem Fürstenhof vorstanden.
Es ist das Ziel dieser Tagung, diese Verschränkung von sozialer Konstellation und diskursiven Praktiken zu untersuchen und so das Verhältnis zwischen der Figuration der europäischen Fürstenhöfe, den Protagonisten der Aufklärung und ihrer Ideen neu zu bestimmen.
Zwei Leitfragen sollen im Vordergrund stehen:
Erstens sollen die europäischen Fürstenhöfe als Begegnungsräume der Aufklärung in den Blick genommen werden. Es wird danach gefragt, inwieweit und wie aufgeklärte Projekte und aufgeklärte Autoren an Fürstenhöfe angebunden waren, und ob diese vielleicht sogar den in Europa wichtigsten institutionellen und sozialen Rahmen für aufgeklärte Praktiken boten. Andere institutionelle oder soziable Kommunikationsrahmen wie Universitäten, Akademien, Sozietäten, Salons, Clubs, Freimaurerlogen usw. lassen sich jeweils in einigen Ländern als Zentren der Aufklärung benennen, nicht aber in Europa insgesamt. Gleichwohl hat die Aufklärungsforschung all diesen unterschiedlichen Institutionalisierungen von Geselligkeit und Gelehrsamkeit bislang größere Aufmerksamkeit zugewendet als den Fürstenhöfen: Im aktuellen Handbuch Europäische Aufklärung etwa werden Fürstenhöfe gar nicht aufgeführt.
Zweitens soll gefragt werden, weshalb die Fürstenhöfe trotz ihrer wichtigen Funktion für die Aufklärung zugleich so häufig im Fokus der Kritik standen, und weshalb sich insbesondere aufgeklärte Autoren in dieser Polemik besonders hervortaten. Die soziale und politische Funktion antihöfischer Sprechakte und Diskurse im Kontext der Höfe verstehen zu lernen ist daher ein weiteres wichtiges Anliegen dieser Tagung.
Wiss. Organisation: Prof. Dr. Andreas Pečar, PD Dr. Damien Tricoire, Dr. Thomas Biskup, Prof. Dr. Benjamin Marschke
Veranstalter: IZEA, Landesforschungsschwerpunkt "Aufklärung - Religion - Wissen" (ARW), Institut für Geschichte
12. Oktober- 14. Oktober 2017
IZEA, Christian-Thomasius-Zimmer
Kontakt und weitere Informationen:
Tel.:+49 (0)345 55 21781
izea(at)izea.uni-halle.de