Dr. Paola Rumore
Dr. Paola Rumore
Universität Turin (Italien)
Wiedemann-Stipendium für Aufklärungsforschung
Laufzeit des Stipendiums: 22.9.2014–20.10.2014; 24.11.2014–20.12.2014
Forschungsprojekt
Georg Friedrich Meier als Aufklärer. Seine Psychologie zwischen Wolffianismus und Pietismus
Gegenstand des Forschungsvorhabens sind Meiers psychologische Überlegungen mit besonderer Berücksichtigung der Stellung seiner Thesen im Rahmen der Debatte über die Seele in der deutschen Aufklärung. Ausgangspunkt der Forschung bildet die Überzeugung, dass Meiers Nachdenken über die Psychologie – welches schon zu Beginn der 1740er Jahre einsetzt – seine allmähliche Abstandnahme von der Philosophie Wolffs deutlich macht und bei ihm die fortschreitende Entwicklung einer Philosophie ankündigt, die sich den Idealen der reifen europäischen Aufklärung annähert. Ideale, die sich in Deutschland erst Jahrzehnte später – nämlich mit der so genannten Spätaufklärung in Berlin und Göttingen – durchsetzen werden, und die besonders in der ‚Popularphilosophie’, bei den ‚Selbstdenkern’ und bei Kant zu ihrem ausgereiften Ausdruck gelangen. In diesem Zusammenhang bietet die Psychologie eine besondere Perspektive, zieht sie sich doch durch Meiers Gesamtwerk und dokumentiert deswegen in klarer Weise Meiers fortschreitende Abstandsnahme vom Wolffschen rationalistischen Dogmatismus. Meiers psychologische Untersuchung betrifft sowohl metaphysische als auch empirische Fragen. Die Forschung ist von der Annahme geleitet, dass sich in der allmählichen Radikalisierung von Meiers Vorbehalten gegenüber dem bis dahin in der Wolff-Tradition herrschenden Erkenntnisoptimismus zwei Einflussquellen zeigen: einerseits der Einfluss Lockes, durch den Meier das Vertrauen in die Möglichkeit einer vernünftigen Kenntnis der rationalen und unveränderlichen ontologische Struktur der Realität zugunsten einer empirisch- und pragmatisch-orientierten Weltanschauung aufgibt; andererseits der Einfluss der pietistischen Umgebung, aus der Meier verschiedene Argumente gegen einen rationalistischen Beweis sowohl der Wolffschen Hypothese der vorherbestimmten Harmonie als auch eines harmonischen Parallelismus zwischen Leib und Seele gewinnt. Das Forschungsanliegen ist demnach die zunehmende Unabhängigkeit Meiers vom Wolffschen Standpunkt herauszuarbeiten und seine tiefgehende pietistische Prägung aufzuzeigen, was in der Konsequenz ein neues Licht auf die enge Arbeitsgemeinschaft zwischen Alexander Gottlieb Baumgarten und Meier werfen könnte.