Dr. Federica La Manna
Dr. Federica La Manna
Università della Calabria (Italien)
Stipendiatin der Thyssenstiftung
Laufzeit des Stipendiums: 18.10.2010–19.11.2010; 01.05.2011–01.06.2011
Forschungsprojekt
Die äussere Seele. Untersuchung zur Darstellung der Gefühle im Gesicht im 18. Jahrhundert
“Imago animi vultus est” heisst das berühmte Motto von Cicero. In allen Epochen wurde versucht, das Gesicht zu erkunden, um die Seele des Menschen zu verstehen, von der Physiognomik bis zur Metoposkopie. Die Aufmerksamkeit galt dem im Gesicht verborgenen Geheimnis, das vom Gefühl gelenkt ist. Der Versuch, die freiwilligen und unfreiwilligen Bewegungen des Gesichts in Sprache zu formen, erfolgte immer auf Basis des Forschungsstandes und der Reflexionen der jeweiligen Zeit. Schon in der Antike war man bemüht, durch die Zeichen des Gesichts, Gefühle und Emotionen aber auch Schicksal und Leben des Menschen zu verstehen. Das 18. Jahrhundert fühlte ein tiefes Erfordernis, medizinisch-philosophische Systeme zu entwickeln, die imstande waren, eine Erklärung für die menschlichen Phänomene und ihre Pathologien zu liefern. Es galt durch die neuesten Erfindungen alles in einem festen und kohärenten Verfahren zu ordnen und die Medizin in eine Kunst der Gewissheit zu verwandeln. In diesem priviligierten Bereich waren Veröffentlichungen vom großen Interesse, die sich auf die Untersuchung der Affekte konzentrierten und die in einigen Fällen auch zur Betrachtung der äusseren Zeichen der Leidenschaft führten ( Johann Gottlob Krüger (1715-1759), Johann August Unzer (1727-1799), Ernst Anton Nicolai (1722-1802). Insbesondere konzentrierte sich Unzer gerade auf die äusseren Zeichen der Leidenschaften in Veröffentlichungen, wie in der 'Lehre von den Gemüthsbewegungen' (Halle 1746), und in den 'Gedancken vom Einflusse der Seele in ihren Körper' (Halle 1746), durch die er mit Erfolg einen neuen Weg eingeleitet hat.
Man hat deswegen mit einer Art von Fisiologie der Darstellung zu tun, die direkt die Wissenschaft einbezieht, um dann mit verschiedenen Ergebnissen in die fliessenderen Bereiche der Literatur und der Kunst zu münden, in die sich dazu auch traditionelle und volkstümliche Zeichen und Deutungen mischen. Das Gesicht wird zum Ort, der alles widerspiegelt, was mit dem Menschen zu tun hat. Es ist der Ort, wo die Leidenschaften par eccelence durchscheinen, der Ort, durch den das Subjekt die Welt wahrnimmt. In dem Gesicht treffen sich auch verschiedene Wahrnehmungs- und Darstellungsmöglichkeiten, wie z.B. in dem stetigen Kampf zwischen Poesie und Kunst, man denke hier nur an die Diskussion um die Deutung vom “Laokoon” u.a. zwischen Goethe, Lessing und Winckelmann.
Das Projekt will in einem ersten Teil den physiognomischen Deutungsweg durch die Analyse der Quellen und wissenschaftlichen bzw. Protowissenschaftlicne Texte um die Mitte des 18. Jahrhunderts untersuchen, wobei der Schwerpunkt der Untersuchung den Psychomedizinern aus Halle gelten soll, weil sie sich insbesondere mit den äusseren Offenbarungen im Gesicht beschäftigten. Ausschließlich wird unntersucht, welche Ergebnisse die neuen Theorien und Erfindungen auf die Literatur der Zeit hatten, gerade bei den Autoren, die sich am meisten mit der Anthropologie beschäftigten (Moritz, Goethe, Schiller).