Aufklärung in Spanien, Portugal und Lateinamerika
Projektleiter: Prof. Dr. Thomas Bremer
Projektbeschreibung
Der Forschungsbereich zielt darauf ab, die Eigenheiten einer Aufklärungskultur und -literatur auf der iberischen Halbinsel und in ihren Kolonien (Lateinamerika) zu untersuchen. Bis noch vor weniger als zwanzig Jahren wurde das Vorhandensein eines Aufklärungsdiskurses in Spanien und Portugal von einer an den Kriterien der französischen, englischen und protestantisch-deutschen geprägten Forschung rundweg bestritten, während sie heute einen ihrer dynamischsten Forschungsbereiche darstellt. Der Bereich versucht, literatur- und kulturwissenschaftliche Momente miteinander zu verbinden und ihn damit auch mit dem Forschungsbereich B 5/ Buchgeschichte, Druckgeschichte und Wissenszirkulation zu verknüpfen.
Im Sommer 2019 war dem Thema die zentrale Reihe der Forschungsvorträge gewidmet. Im Jahr 2020 wurde die Arbeit an einer Monografie zum Verhältnis von Aufklärung und Buchgeschichte und zur Rezeption nicht-iberischer Aufklärungsliteratur in Spanien, Portugal und Lateinamerika bzw. von spanisch- und portugiesischsprachigen Texten im außer-iberischen Europa vorangetrieben. Die im Herbst 2020 erfolgte Zuerkennung der Voltaire-Fellowship der van Runset-Stiftung für einen mehrwöchigen Forschungsaufenthalt an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, der im Frühsommer 2021 stattfand, hat hier wichtige Impulse gegeben.
In einem Vortrag in der Sektion zu populären Drucken in Spanien im Rahmen der vom Instituto Internacional de Literatura Iberoamericana (Universität Pittsburgh) im Zweijahresrhythmus veranstalteten europäisch-amerikanischen Kongresse, der 2021 an der Universität Reims (Frankreich) bzw. in Bogotà (Kolumbien) ausgerichtet wurde, konnten Forschungsergebnisse zu Werbestrategien beim Druck populärer Schriften in Spanien vorgestellt werden.
Bei der im November 2021 in Toulouse in Präsenz veranstalteten Kongress zu den Kulturbeziehungen im Dreieck Spanien – Frankreich – Deutschland/Österreich stellte der Eröffnungsvortrag – u.a. anhand von weitgehend unbekannten, in der Herzog August Bibliothek aufgefundenen Materialien – anhand des Inquisitions-Zensurfalls des Herzogs von Olavide in Spanien und seiner Rezeption in Frankreich und v.a. in der bayerischen Aufklärung die Überlegung zur Diskussion, inwieweit nicht konfessionelle Fronten auch noch am Ende des 18. Jahrhunderts weiterwirken bzw. inwieweit es eine bisher weitgehend unbeachtet gebliebene Buch- und Wissenszirkulation unter einzelnen Vertretern einer ‚katholischen Aufklärung‘ gibt, für deren intellektuellen Austausch vor allem die jeweilige Position innerhalb der Fronten Sympathie für bzw. entschiedener Kampf gegen den Jesuitenorden und seinen intellektuellen Einfluss auch nach dessen formellem Verbot bestimmend sind. Gezeigt werden konnte, dass die Zirkulation in Spanien gedruckter antijesuitischer Schriften in Bayern und Österreich offenbar nur auf diesem ‚privaten‘ Wege, jedenfalls nicht durch einen ‚offiziellen‘ Buchverkehr erfolgt ist.
Die Forschungen zu diesem Thema wurden im Frühjahr 2022 in einem Forschungsaufenthalt an der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien fortgesetzt und die Beiträge des Tagungsbandes zum Druck vorbereitet.
Veröffentlichung:
Thomas Bremer: Rezension von Bianca Premo: The Enlightenment on Trial. Ordinary Litigants and Colonialism in the Spanish Empire, Oxford/New York: Oxford University Press 2017, in: Historische Zeitschrift, Bd. 308 (2019), S. 202-204.
Veranstaltung:
13. Oktober 2020
Festakt 90 Jahre Ibero-Amerikanisches Institut Preußischer Kulturbesitz
Ort: Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz
Vortrag: Buchgeschichte heute. Zur Einführung von Alberto Manguel