Falsche Freunde. War die Aufklärung wirklich die Gründungsepoche der Moderne?
In zeitgenössischen Debatten in der politischen Öffentlichkeit wird die Aufklärung immer wieder gerne als Argument angeführt, sei es im Zusammenhang mit einem möglichen EU-Beitritt der Türkei oder jüngst wieder nach den Pariser Attentaten gegen Charlie Hebdo. Unsere Vorstellungen von Demokratie und Menschenrechten, von der Gleichheit der Geschlechter und dem Selbstbestimmungsrecht aller Völker werden dabei zurückgeführt auf den Kampf der Philosophen des 18. Jahrhunderts, die für diese Werte gestritten und gekämpft hätten.
Dies glauben nicht nur Journalisten und Politiker: Auch Aufklärungsforscher suchen in der Epoche Voltaires und Kants nach der Entstehung der Moderne. Sie streiten allerdings darüber, ob die Aufklärung eher für die Segnungen oder aber für die Missstände in der Gegenwart verantwortlich sei. Über die fundierende Bedeutung der Schriften und der Ideen der Aufklärung besteht aber ein breiter Konsens.
Doch stimmt das wirklich? Haben die Aufklärer die modernen Wertvorstellungen der liberalen Demokratie erfunden und propagiert? Haben sie, wie andere behaupten, den modernen Rassismus, Sexismus und Kolonialismus erfunden?
Falsche Freunde ist eine Streitschrift, die mit dieser gängigen Sicht, wonach die Aufklärung die modernen Wertvorstellungen hervorgebracht habe, aufräumt. In sechs Kapiteln zu den Themen der Geschichts-, der Toleranz-, Rassen- und Geschlechterkonzeptionen sowie der Haltungen zur Sklaverei und zum Kolonialismus zeigen die Autoren, dass die Philosophen des 18. Jahrhunderts andere Ziele und Erwartungshorizonte vor Augen hatten, als sowohl die Aufklärungsfreunde wie ihre Kritiker ihnen nachträglich unterstellen. Die Aufklärung erscheint viel fremder – und überraschender.